Im Fokus des ersten Kapitels steht die Frage: Was ist mathematische Begabung? Um dies zu klären, wird ein fachbezogenes Modell für mathematische Begabung entworfen. Es basiert auf einer facettenreichen Modellierung mathematischen Denkens und berücksichtigt Prozesse der Entwicklung von Begabung, Fähigkeiten und Leistung. Zudem wird dieses Modell mit einem breiten Spektrum bestehender Begabungsmodelle aus der Psychologie, der Pädagogik und der Mathematikdidaktik in Bezug gesetzt. Es wird dargestellt, inwiefern das Modell für mathematische Begabung vielfältige, zentrale Aspekte bestehender Modelle integriert. Dies schafft eine wesentliche Grundlage, um Konzepte zur Diagnostik mathematischer Begabung und zur Förderung mathematisch begabter Schüler zu entwickeln. Es schafft aber auch Klarheit, um als praktizierende oder künftige Lehrkraft mit dem Phänomen mathematischer Begabung im Schulalltag sensibel, reflektiert und produktiv umzugehen.
Im zweiten Kapitel wird ein Ansatz zum Diagnostizieren mathematisch besonders begabter Schüler, also zum Erkennen ihrer Potenziale, entwickelt. Dazu werden zu Beginn des Kapitels Grundlagen der pädagogischen Diagnostik skizziert, da das Diagnostizieren mathematisch besonders begabter Schüler einen Spezialfall hiervon darstellt. Das Herzstück bilden die anschließend dargestellten Methoden zur Gewinnung von Informationen über begabungsrelevante Faktoren. Abgeschlossen wird das Kapitel mit dem Vorschlag eines mehrschrittigen Vorgehens zum Diagnostizieren mathematisch besonders begabter Schüler. Dieses Vorgehen kombiniert die theoretischen Überlegungen zur Diagnostik sowie die Ausführungen zu Methoden der Informationsgewinnung zu einem praktisch nutzbaren, situativ anpassbaren Diagnoseansatz.
Im dritten Kapitel werden Wege dargestellt, wie mathematisch besonders begabte Schüler gefördert werden können. Im Blick steht dabei einerseits der reguläre Unterricht gemäß Stundenplan in der Schule. Hier verbringen die Kinder und Jugendlichen einen wesentlichen Teil ihrer Lebenszeit und diese Zeit gilt es, insbesondere auch für die Förderung ihrer Begabungen bewusst und explizit zu nutzen. Begabtenförderung im regulären Unterricht kann etwa bedeuten, dass mathematisch besonders begabte Schüler in den Lehrplanstoff tiefer eindringen oder sie diesen inhaltlich erweitern. Andererseits sind die Möglichkeiten schulischer Förderung nicht nur auf den regulären Unterricht beschränkt. Über diesen hinaus sollten besonders begabte Schüler vielfältige Impulse für ihre mathematikspezifische Entwicklung erhalten. Für Lehrkräfte besteht hierbei die Herausforderung, Schülern entsprechende Anregungen zu geben, ihnen bei Bedarf als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen und das Arbeiten der Schüler mit organisatorischen Rahmenbedingungen der Schule zu verbinden. Wie derartige Differenzierung zur Begabtenförderung im Schulalltag gelingen kann, wird in dem Kapitel besprochen.
Das Erkennen und Fördern besonders begabter Kinder und Jugendlicher gehört zu den zentralen Aufgaben von Schule und Unterricht. Dies begründet sich durch das generelle Ziel von Schule, dass sich jeder Schüler als Person entsprechend seinen individuellen Potenzialen möglichst optimal entfaltet. Das vierte Kapitel befasst sich mit der Frage, wie Entwicklungen angestoßen werden können, damit Begabungsdiagnostik und Begabtenförderung in der Schule bewusster, intensiver und systematischer gestaltet werden. Dies betrifft Entwicklungen auf der Ebene von Lehrkräften, von Unterricht und von Schule als Ganzes. Dementsprechend gibt das Kapitel, Antworten auf folgende Fragen: Was kann eine Lehrkraft tun, um sich selbst und ihren Unterricht in Bezug auf das Erkennen und Fördern mathematisch begabter Schüler weiterzuentwickeln? Was kann das Fachkollegium Mathematik einer Schule bzw. was kann eine Schule tun, um die Diagnostik und Förderung mathematischer Begabung an der Schule zu intensivieren und zu systematisieren?